von Benjamin Bächle
Ich red' und red' und red' mir hier doch nicht nur zum Zeitvertreib
die Seele aus dem Leib
und die Zunge aus dem Mund
und die Gedankenkombinationen aus den Synapsen
und überschütte dich doch nicht umsonst mit meinem Fremdwort-Repertoire,
entleer' mein komplettes sprachliches und diplomatisches Reservoir, das – Fürwahr ! –
nicht mehr das ist, was es mal war, da es – ganz klar – schon bessere Tage sah.
Ich red' und red' und red' hier doch nicht umsonst um den heißen den Brei herum,
und auch ein bisschen hinein, ganz klein-laut-stark und autark.
Ich weiß schon nicht mehr, was ich eigentlich sag oder red 'und red' und red-
selig war ich schon immer.
Aber noch nie gut im Reden.
Sie sind schon ganz kahl und fahl,
das Broca- und das Wernicke-Areal.
Meine Zunge ist schon ganz wuselig
und mein Mund schon ganz fusselig,
und meinem Kopf schon ganz gruselig dusselig,
während ich in Geplapper plapper und mit den Zähnen klapper,
in Geschnatter schnatter' und die Worte 'runterratter,
mich in Gelaber verlaber, aber das ganze Palaver,
deutlich beton', so als wär' es vernünftige Konversation.
Worte fallen wie Wasserfälle rauschend aus meiner Mundhöhle
und entpuppen sich als Gruppen, die man Sätze nennt.
Doch möchtest du lauschen,
hörst du nur Rauschen,
siehst nur Schaum und Gischt,
das Wasser verwischt.
Die einzelnen Tropfen verstopfen,
verschwinden ohne Spur-los-gelöst
im Gewässer.
Andeutungen deutest du nicht, da du sie für unbedeutend hältst,
Metaphern und Symbole weigern sich konsequent, von dir interpretiert zu werden.
Zu kleine Schlüsselwörter verstecken sich hinter zu großen Sätzen
sind schwer zu erkennen, man muss sie halt schätzen.
Um sie zu erklären, müsst ich noch mehr schwätzen.
All die sprachliche Kunst bringt mir keine Gunst,
denn für dich sind sie nur lyrischer Dunst.
Das Wesentliche liegt vage
auf der falschen Seite der Wage,
weil ich es nicht wage,
den Kern über die Schale zu stülpen.
Und so darfst du nur an der Schale lecken.
Knabber bloß nicht zu tief,
rein beißen wär' primitiv.
Der Intellekt beliebt versteckt,
die Gefühle angefühlt aufgewühlt.
Sie brennen zwar in mir drin, doch bis sie Worte sind, sind sie abgekühlt.
Manchmal sagen wir eben nicht, was wir sagen wollen, denn wir wollen,
das andere aus dem nicht Gesagten herausfinden sollen,
was wir mit dem nicht Gesagten gesagt haben wollen.
Und ich sag dir nicht, was ich denke, wie sehr ich dich schätze,
aber das heißt ja nicht, dass du das nicht weißt,
denn ich glaube du bist genau wie ich.
Trotz unserem ganzen Sprachvermögen
mögen wir nicht darüber reden,
dass wir uns mögen,
doch glauben zu wissen,
dass der Andere, der, genau wie wir selbst, Belangloses redet,
belang feste Gefühle hat.
Und so kommunizieren wir ohne zu kommunizieren,
lassen der Fantasie Spielraum zum interpretieren.
Verharren zwischen zwei Wörtern in einer Wörter Zwischenwelt
und hoffen, dass alles auch so ist, wie es sich verhält.
Bei Anderen sprudeln die Wortwasserfälle
in glänzenden, perlenden, freudigen Tropfen.
So schön und so rein auf den ersten Blick,
doch so verschmutzt, da mit Schmutzwasser geputzt,
vergiftet ganz tief und erkennbar fast nur
innen drin in der molekularen Struktur.
Und der Hass des Einen will vom Hass des Anderen gehasst werden,
doch die wütenden Worte sehen aus wie eine süßes Torte,
und jeder behält das so deutlich spürbar Negative für sich ganz allein.
Und wir kommunizieren über Kommunikation,
so wie ein Hund, der mit seinem Bellen über das Bellen bellen würde.
Auch wir bellen, aber ohne tierische Unschuld.
Wir bellen zu laut oder zu leise zu kräftig oder zu heißer,
lassen unsere Stimmbänder musizieren
und fröhliche Hymnen zu traurigen Ereignissen komponieren,
während Sie bei Fröhlichkeit nur ganz monoton reagieren.
Und könnte ein Hund unser Bellen verstehen,
würde er vor Unverständnis den Verstand verlieren
und sich fragen, warum Menschen nicht einfach mit dem Schwanz wedeln,
wenn sie in Gegenwart eines anderen Menschen glücklich sind,
und warum sie manchmal so tun, als,ob sie mit dem Schwanz wedeln,
obwohl sie eigentlich bellen sollten.
Und Manchmal tun zwei Menschen beide so, als ob sie nicht wüssten, was sie wissen.
Und Manchmal sagen sie gar nichts und damit alles
oder alles und damit gar nichts.
Und Manchmal reden Menschen mit Anderen darüber, wie wir mit wieder anderen reden sollen.
Wir studieren Kommunikation, aber nicht aufs Klo gehen,
obwohl wir Beides als kleine Kinder bereits studieren mussten.
Wir beschreiben im Duden Wörter mit Sätzen
und nutzen statt Sätzen manchmal doch nur kleine Wörter.
Wir sind alle Langzeit Kommunikationsstudenten
in einem nicht enden wollenden Semester.
Wir können ewig über das Reden reden,
lange Texte und Gedichte schreiben,
wir können hunderttausend Dinge sagen und verfassen
und hunderttausend mehr für immer unausgesprochen lassen.
Wir sprechen so viel, wir sprechen so oft,
während das Unausgesprochene stetig darauf hofft,
irgendwann vielleicht einmal die Welt jenseits des Kopfes zu erkunden.